Emissionsarmes Kochen durch die Umwandlung von Plastikabfall zu Treibstoff
Nepal: Kochen durch die Umwandlung von Plastikabfall zu Treibstoff
Ein einfach zu bedienendes Gerät kann in den Bergdörfern von Nepal Plastikabfälle in Heizöl umwandeln. Von 10 kg Plastikabfällen können 20 Haushalte jeweils einen Monat emissionsarm kochen. Keine rauchigen Küchen und hustenden Kinder mehr. Über eine Tonne Brennholz kann so jeden Monat von den 20 Haushalten eingespart werden. Die Wälder können sich erholen und keine Plastiktüten würden mehr in den Ästen hängen.Eine Familie in einem Bergdorf in Nepal verursacht im Schnitt etwa 20mal weniger nicht kompostierbare Abfälle als eine Familie in Deutschland. Trotzdem ist der Müll in Nepal viel allgegenwärtiger. Da es in ländlichen Gebieten keine Müllentsorgung gibt, fliegt alles, was nicht verrottet oder verbrannt wird, wild in der Natur herum. Plastiktüten, Wasserflaschen, Verpackungen von Süßigkeiten, Wasserschläuche, zerfetzte Reissäcke...
Abb. 1: Häufig zu sehender Straßenrand im ländlichen Nepal.
Plastik wird, auch wenn man es ihm nicht mehr ansieht, bis auf wenige Ausnahmen aus Erdöl hergestellt. Doch dieser Prozess ist auch umkehrbar. Mittels Pyrolyse lässt sich aus Plastik wieder Treibstoff gewinnen. Es ist im Grund die gleiche Pyrolysetechnologie, die sonst zur Erzeugung von Pflanzenkohle verwendet wird, welche auch Plastik wieder in ihre ursprünglichen niedermolekularen, flüssigen Bestandteile zerlegt. Aus Plastik lässt sich ohne großen technischen Aufwand Kerosin und Diesel herstellen, und zwar ohne sonstige giftige Nebenprodukte.
Dank der Zusammenarbeit mit der amerikanischen Stiftung: Engineers for Sustainable Energy Solutions (ESES: https://eses-plastic.org/) kann das Ithaka Institut im Januar 2022 erstmals in Nepal Kleinstanlagen für die Umwandlung von Plastikabfällen in Treibstoff in die Praxis einführen. Der so gewonnene Treibstoff kann unmittelbar in standardmäßigen Kerosinkochern eingesetzt werden. So wird kostbares Waldholz gespart und der toxische Lungenrauch der traditionellen Kochstellen in den Küchen der Bauernhäuser vermieden.
Abb. 2: Standardisierter Kerosinkocher, wie er auf jedem Markt in Nepal zu finden ist und der mit dem Kerosin aus der Plastikpyrolyse betrieben werden kann.
Der von ESES entwickelte Pyrolysereaktor ist ein knapp 1 m hoher Stahlbehälter mit einem Durchmesser von ca. 60 cm (Abb. 3). Dieser gut isolierte Behälter wird mit geeignetem Plastik befüllt und luftdicht verschlossen. Ein 1,5 KW starkes elektrischen Heizelement (vergleichbar mit der Leistung eines Haartrockners) beheizt den Behälter unter Luftabschluss auf 350 °C. Aus 1 kg Kunststoffabfall wird so in einer Stunde rund 1 Liter Heizöl, womit eine Familie 200 Stunden kochen kann. Das Verfahren ist einfach, kostengünstig und sicher in der Anwendung, so dass es auch in abgelegenen Dörfern eingesetzt werden kann.
Eine Person kann so neben der Hausarbeit an einem Tag ca. 10 kg Plastikabfälle zu rund 10 Liter Heizöl verarbeiten. Für ein kleineres Dorf wie Ratanpur entspricht dies der monatlich anfallenden Menge an Plastikabfällen. Und mit dem 10 Liter Kerosin-Heizöl, das daraus gewonnen wird, können die 20 Haushalte des Dorfes je einen Monat emissionsarm kochen. So würden pro Monat mehr als 1.2 Tonnen Brennholz eingespart, was etwa 2.5 Tonnen eingesparter CO2-Emissionen bedeutet.
Das klingt nicht nur fast zu gut, um wahr zu sein, sondern ist vor allem bestürzend. Denn wie lässt sich erklären, warum so einfache und effiziente Lösungen für das Klima, den Naturschutz und die Gesundheit der Ärmsten nicht längst zum Standard geworden sind.
Abb. 3: Zeichnung des 3T Plastik-Pyrolysators, entwickelt von Engineers for Sustainable Energy Solutions (ESES). Das 3T-Verfahren verbraucht 1,8 kW elektrische Leistung. Bei geschätzten Stromkosten von 0,05 Eur/kWh, einem Kerosinpreis von 0,85 Eur/Liter und einem Einkaufspreis für Kunststoffabfälle von 0,15 Eur/kg kann eine Charge von 10 kg bis zu 5,90 Eur Gewinn erzielen, was einem durchschnittlichen Tageslohn für ungelernte Arbeitskräfte in Nepal entspricht. Eine Charge von 10 kg wäre eine typische Chargengröße für einen Betriebstag.
Die erste mit viel Handarbeit in den USA hergestellte Serie kostet inklusive Transport nach Nepal 2000 Eur pro Gerät. Sobald Ithaka Nepal die Praxistests in Ratanpur und Bandipur abgeschlossen haben wird, planen wir die Herstellung der Geräte zur Plastikpyrolyse in einer Werkstatt in Kathmandu und rechnen mit Kosten von unter 500 Eur pro Gerät. Das ist zwar trotzdem noch viel zu teuer für eine Familie, deren Tagelohn unter 10 Eur liegt, aber wenn man berechnet, wie viel Emissionen dem Klima durch diese Technikkombination erspart bleibt, so könnten die Geräte allein durch Klimazertifikate vorfinanziert werden. Bei einer monatlichen Einsparung von 2.5 Tonnen CO2 und einem üblichen Preis von 50 Eur pro Tonne CO2, wäre die Investition für die Anschaffung eines Gerätes zur Plastikpyrolyse (2.5 t CO2 * 50 Eur * 4 Monate = 500 Eur ) amortisiert.
Die Vermeidung von Plastikmüll in der Natur, der Schutz der Wälder, Böden und Biodiversität, die Zeitersparnis für die Frauen, wenn sie kein Feuerholz mehr sammeln müssen, und vor allem die Reduktion der Atemwegserkrankungen, weil nicht mehr am offenen Holzfeuer gekocht werden muss, sind unschätzbare Vorteile, die in den reinen Klimanutzen noch gar nicht eingerechnet sind.
heureka gehört seit 2014 zum Freundeskreis des Ithaka-Institutes und wir haben mehrere, erfolgreiche Projekte unterstützt: den klimapositiven Teegarten, den Bau erdbebensicherer Bauernhäuser, multifunktionale Waldgärten, die Einführung einer eigenen Kaffeekultur in Nepal, die Aufforstung des Berges von Bandipur sowie die gewinnbringenden Vermarktung der landwirtschaftlichen Ernte . Wir freuen uns in 2022 auf ein spannendes Projekt mit dem Ziel möglichst viel Plastikabfall in Treibstoff umzuwandeln und freuen uns sehr, wenn das Projekt erste Früchte trägt.
Wir ermuntern Sie zur Mitgliedschaft im Freundeskreis des Ithaka Institutes! Wenden Sie sich dazu an Hans-Peter Schmidt: schmidt@ithaka-institut.org
Weitere Informationen finden Sie auf den folgenden Webseiten.
https://eses-plastic.org/
https://nepal.ithaka-institut.org/en/
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Michael Wycisk
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